Wenn Hippies heiraten

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Nach 40 Jahren Ehe eine Hochzeitszeremonie im Grenzhof Heidelberg  

Marina und Gerhard blicken zwar auf viele gemeinsame Ehejahre und ein reichhaltiges Leben, aber was fehlte, war eine große Hochzeitsfeier. Sie hatten das Bedürfnis, zu ihrer Rubinhochzeit ihr Eheversprechen zu erneuern und mit einer langen Festtafel und in feiner Kleidung noch einmal „Ja!“ zueinander zu sagen. Da bin ich natürlich sofort dabei!

Marina und Gerhard sind im Herzen Hippies und so bat mich die Braut, wenn ich Lust hätte, ihre Trauung gerne barfuß durchzuführen. Ich bekam obendrein als Überraschung einen Blumenkranz für meine Haare gefertigt. So eine liebe Geste! Mein Herz schlug schon mit Beginn unseres Kontakts für die beiden, aber am Hochzeitstag begann es richtig zu pochen. Es war eine kleine Runde, aber dafür umso intensiver und herzlicher miteinander.

La vie en rose oder Ein Stück vom Glück

Die Zeremonie wurde begleitet von einem Akkordeonspieler, der „La vie en rose“ von Edith Piaf spielte. Das Leben in rosarot!

       Seit ich dich erblickt habe,

       seitdem spüre ich in mir

       mein Herz, das schlägt.

Am 28. September 1983 gaben sich Marina und Gerhard in Heidelberg im Rathaus das Ja-Wort. Ganz unspektakulär, mit zwei Standesbeamtinnen als Trauzeuginnen und einem Blumenstrauß von einem Marktstand sind sie in ihre Ehe gegangen. Diesen wichtigen Schritt genossen die beiden im Café zu zweit, bei sonnigem Wetter und Frühstück.

Ihrer Bitte, ihre Trauung barfuß durchzuführen, bin ich selbstverständlich gefolgt. Auch ich bin Hippie im Herzen.

Ohne Festanstellung und ohne große Sicherheit gingen sie gemeinsam auf offene See, sie meisterten viele Jahre Ungewissheit, riskierten vieles, trafen große Entscheidungen. Ihr Liebe hielt.

Ein weißes „Urlaubssouvenier“ als Symbol der jungen Liebe

Das erste Mal haben sich Marina und Gerhard an einem Sonntagabend im Frühjahr 1980 in einem Lokal in Göppingen gesehen. Zufällig saßen sie an einem Tisch.

Marinas erste Gedanken über Gerhard waren: „Interessant!“.  Mit seinen strahlend blauen Augen und dem verschmitzten Lächeln erinnerte er sie an Robert Redford. Gerhard war angezogen von Marinas bildhübschem Aussehen und ihrer Eleganz. Er dachte sich „Wow!“

Beim zweiten Wiedergesehen sagte er zu Marina, dass er sie wahnsinnig gerne küssen würde. Marina ermutigte ihn: „Dann tu’s doch!“ Der Kuss muss nach mehr geschmeckt haben…

Nach diesem Abend fuhr Gerhard in den Urlaub nach Griechenland. Aber Marina ging ihm nicht aus dem Kopf. In der Altstadt von Athen am Fuße der Akropolis kaufte er für sie ein weißes folkloristisches Kleid, was dann zum Symbol ihrer jungen Liebe wurde. Nach seiner Rückkehr fielen sie sich in die Arme und wussten, sie gehören zusammen.  

Stationen des Glücks

Das erste gemeinsame Zuhause, ihr kleines Paradies, erschufen sich Marina und Gerhard in Heidelberg in einer kleinen 2-Zimmer-Wohnung.

Als junges Paar erlebten sie viele wundervolle Momente. Dazu gehört auch die Frankreich-Tour im Sommer 1982. Es ging mit dem VW-Bus von Marseille die Côte d’Azur entlang, mit Bee Gees im Ohr und Pausen an den wunderschönen Stränden. Aber auch der Urlaub in der Bretagne am Meer mit den sternenreichen Nächten war ein Highlight. Zu den besten Erlebnissen zählt, als Marina im Mai 1984 aus der Frauenarzt-Praxis rauskam und ihren Mutterpass strahlend hochhielt. Ihr Sohn hatte den Weg zu den beiden gefunden.

Nächste Haltestelle Familienglück! Aus einem jungen Paar wurden liebevolle Eltern, mit allem, was dazu gehört. Viele Herausforderungen wurden gemeistert, neue Wege gegangen, eine gemeinsame Zukunft aufgebaut. Familie und der Zusammenhalt ist den beiden sehr wichtig und so freuen sie sich auch sehr, dass ihre Enkelin in ihrer Nähe ist.

Das Leben ist eine Schifffahrt

Marina und Gerhard zitieren gern aus verschieden Werken von James Salter wie dies hier: „Er ist tief versunken in einem langsamen Leben zu zweit.“

Das hat eine tiefe Bedeutung für die beiden. So erleben sie ihre Beziehung. Das ist es, was sie heute glücklich macht. Die Unaufgeregtheit, das Verlässliche, trotz Veränderungen im Außen. Gerhard sagte mir im Gespräch: „Ich hatte immer diese Sicherheit der festen Ordnung durch Marina. Ich hatte einen Hafen.“

Die beiden haben immer zueinander gehalten. Um mit den Worten des Paares zu sagen: „Das Leben ist eine Schifffahrt, aber wir erlitten keinen Schiffbruch, obwohl wir nie nah am Ufer geblieben sind.“

Im Fluss des Lebens haben sie ihre Ecken und Kanten aneinander geschliffen und angepasst, und trotzdem sind sie interessant und spannend geblieben. Im Kern, in ihrem Wesen sind sie immer noch dieselben und ihre Liebe ist im Laufe der Zeit noch stärker geworden.

Ein Kopfmensch + ein Bauchmensch = eine perfekte Mischung

Marina und Gerhard schätzen ihre Gegensätze. Wer kennt sie nicht, diese vielen liebevollen Eigenarten, die einen manchmal in den Wahnsinn treiben und manchmal im Herzen berühren?

Während Marina ein Bauchmensch ist und vor Lebensfreude sprüht, ist Gerhard eher ein Kopfmensch, der Wert auf Disziplin und Durchhaltevermögen legt. Er bewundert an Marina die Fähigkeit, die Dinge loszulassen und in kritischen Situationen richtige Entscheidungen zu treffen. Sie schätzt an Gerhard seine Verlässlichkeit und die Gabe, in kleinen und großen Fragen des Lebens durchzublicken.

Aufreger in ihrer Beziehung sind, wenn Gerhard sein Handy vergisst – was oft passiert – und wenn Marina ihre Schlüssel verlegt – was sehr selten passiert. Meinungsverschiedenheiten räumen die beiden schnell aus dem Weg. Entweder durch überzeugende Argumente und Kompromisse oder durch ihren schrägen Humor kehrt rasch der Frieden ein.

Ein Antrag zum 40. Hochzeitstag

Zum 40. Hochzeitstag, die Rubinhochzeit, fasste Gerhard den Entschluss, das Hochzeitsjubiläum mit allem Drum und Dran so richtig groß zu feiern! Das heißt, er wollte Marina fragen, ob sie erneut „Ja, ich will!“ sagen würde. Er buchte den Grenzhof als Hochzeitslocation und plante einen Antrag in Gandria am Lago di Lugano. Das Wetter war wunderschön, sie genossen den Sonnenuntergang und das köstliche Essen. Und dann holte Gerhard weit aus und beschrieb das, was die Ehe für ihn mit Marina bedeutete. Er sprach das Gefühl an, dass die standesamtliche Heirat zwar schön war, aber dass dennoch etwas gefehlt hat.

Marina bekam einen Umschlag aus geschröpftem Papier in die Hände und wusste sofort, dass sie da etwas Besonderes erwartete, aber dass es ein Antrag werden wird, hätte sie sich nicht im Traum vorstellen können.

Auf einmal verstand sie, worum es ging: Um die Frage, ob sie noch einmal „Ja!“ zu dieser Ehe sagen möchte. Sie war total aus dem Häuschen und freute sich sichtlich. Marina erzählte über diesen Moment: „In meinem ganzen Leben habe ich noch nie so geheult. So ein Gefühl hatte ich noch nie. Die Tränen brachen einfach aus mir heraus.“

Handfasting-Ritual: Knoten der Unendlichkeit

Marina und Gerhart besiegelten ihre Liebe mit dem Knoten der Unendlichkeit. Für das Ritual stellten die beiden einen Korb mit Satinbändern bereit. Ich legte je ein Band über ihre Hände. Jedes einzelne Band bedeutete Liebe und die Verbindung des Hochzeitspaares zueinander. Anschließend durfte jeder Gast nacheinander dasselbe tun und dem Paar wichtige Worte dabei mitgeben.

Die Bänder symbolisierten die tiefe Verbundenheit der beiden miteinander und mit ihren liebsten Menschen, die sie durchs Leben tragen und fest verankern.

Marina und Gerhard glauben fest an ihre Liebe und glauben auch, dass das Schicksal ihnen wohlbesonnen ist. Die folgenden Zeilen aus dem Lied „La vie en rose“ von Edith Piaf berühren die beiden sehr und drücken aus, was sie fühlen:

        Es ist ein Stück vom Glück in mein Herz eingedrungen

        Den Grund dafür kenne ich

        Du bist es für mich, ich für dich im Leben

        Du hast es mir gesagt, du hast es fürs ganze Leben

        geschworen

Ringtausch 2.0

Die Ringe wurden von ihrer Enkelin überreicht. Die vorherigen Eheringe des Hochzeitspaares wurden eingeschmolzen und neu geschmiedet. So entstand die Verbindung zwischen Alt und Neu, zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft: die Eheringe 2.0.

Der Lieblingsspruch der beiden ist: „Am Ende wird alles gut. Und wenn es dann gut ist, sitzen wir endlich wieder am Meer“. So soll es sein in ihren nächsten 40 gemeinsamen Jahren.

Beim Auszug, beim Verlassen des magischen Ortes der Hochzeitszeremonie wünschte sich das Paar das Lied „La mer“ auf dem Akkorden von Charles Trenet mit folgenden Worten: „Das Meer hat mein Herz mit einem Liebeslied beruhigt für mein ganzes Leben.“

Möge die Liebe ihren Weg ewig begleiten!

Grenzhof in Heidelberg als Hochzeitslocation

Foto: Bernhard Offterdinger

Ich war schon mehrfach im Grenzhof und bin von den vielfältigen Orten begeistert an denen man eine freie Trauung abhalten kann: In der Hochzeitsscheune, im Garten oder im Kastanienhof. Mit Marina und Gerhard war ich das erste Mal im Kastanienhof und mir gefiel das sommerliche Ambiente sehr. Eine gute Mischung aus edel, Romantik, Nostalgie und frischer Brise. Außerdem ist das Essen dort immer wieder Genuß pur. Ich bin auch privat ein Fan des Gasthauses am Rande von Heidelberg.

Meine Empfehlung für Paare, die ihre Hochzeit außerhalb der Stadt mit edlem Essen feiern möchten: https://www.grenzhof.de/.

Akkordeonspieler für Chansons und Straßenmusik

Marina und Gerhard suchten lange, bis sie einen Akkordenspieler fanden, der ihren Wunsch nach französischen Chansons und Straßenmusik umsetzen konnte: Andreas Rathgeb. Es war sehr schön! Ihr findet ihn hier: http://www.akkordeon-der-welt.de.

Hochzeitsfotografin Irene Heberling

Die Fotos von dem überzeugenden Hippie-Brautpaar hat Irene Heberling aus Brühl angefertigt (bis auf eine Ausnahme). Ich bedanke mich sehr, dass ich die Fotos hier zeigen darf! Ihr findet sie hier: https://www.elfengraphie.de/.

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Rednerin Ingrid Rupp
Foto: Dana Rösiger

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