Heidelberg LockUp!
Fotobildband Heidelberg im Lockdown
Sabine Arndt schritt im April 2020 durch Heidelberg und schüttelte den Kopf: leer und still lag die Stadt vor ihr. Unnatürlich und schön. Sie fotografierte leere Plätze und Straßen. Das Leben war verebbt. Ihre Fotos dokumentieren einen Atemstillstand in einer Welt, die seit Jahrzehnten keine Pause kennt.
Sabine ist Fotografin und Künstlerin. Sie bat 14 bekannte Heidelbergerinnen und Heidelberger, sich zurück zu erinnern und ihre Gefühle, Krisen und Erkenntnisse aus dieser Zeit für ihren Fotoband zu beschreiben.
Ich freue mich, dass auch ich einen Beitrag für das Buch schreiben durfte!
Für Sabine ist Heidelberg die Schöne, die Lebensbejahende. Sie dokumentiert und begleitet die Stadt wie eine große beschützende Schwester. Als starke selbstständige Frau weiß Sabine, wie wichtig Optimismus in Krisen ist. Sie bat mich einen Text zu verfassen, der neben meinen negativen Erlebnissen im Lockdown auch die positiven erzählt.
Als die Welt schrumpfte
In meinem Beitrag „Als die Welt schrumpfte“ erinnere ich mich an Tränen und neues, aufkeimendes Leben: alles ein Produkt des Rückzugs, der Entschleunigung bzw. Einsamkeit. Ich beschreibe meine Lebensrealität die beruflich als Traurednerin und TRAUERrednerin sowie privat Züge einer Katastophe annahm. Meine Hochzeitspaare erlebten den Lockdown anders: sie erzählten von Glücksmomenten und der Entdeckung der Langsamkeit. Sie waren sich selbst genug.
Das leere Heidelberg im Fotoband
Die Fotos in dem Bildband zeigen die gestochen scharfe Stadt ohne Leben. Die Absurdität der Situation zeigt sich in Hinweisschildern die freie Parkplätze zu hunderten ausweisen von denen kein einziger belegt ist. Eine Werbung an der Straßenbahnhaltestelle zeigt eine lächende Frau, die sich alle 11 Minuten online verliebt. „Ja, wo sonst?“, fragt sich die Betrachterin. Zynisch appelieren die Plakate der Stadt: „Bleiben sie daheim“, „Helfen sie mit, die Ausbreitung zu verlangsamen“, „Wir schneidern Masken“, „Das Theater freut sich auf Sie im Frühjahr“.
Die Altstadt, Westadt, Bergheim, Neuenheim: Manchmal sind Menschen auf den Fotos zu sehen und ich frage mich: „Was ist ihre Geschichte?“ Warum hängt dieser Jugendliche auf dem Bismarckplatz im Bushäuschen ab? Darf der das?
Besonders berührt hat mich eine Demonstration „Asylrecht ist Menschenrecht“ ohne Demonstrierende. Statt Menschen stehen leere Schuhe auf dem Asphalt. Die Aktivistinnen und Akivisten halfen auch mit, das Virus zu verlangsamen. Die Fotos wirken zum Teil düster und dringen langsam in das Bewußtsein ein. Der Bildband lohnt sich, immer wieder, Stück für Stück durchzublättern. Manche Fotos zeigen Fröhlichkeit, z.B. den hervorblitzenden Wald über den Dächern der Stadt. Die Natur, die zum Rückzugsort der meisten Heidelbergerinnen und Heidelberger aufstieg.
Autorinnen und Autoren von LockUp!
Lektorin des Werkes ist Barbara Imgrund. Sie ist Heidelberger Autorin und schrieb das Heidelberger Tanzlied für „LockUp!“ Imgrund prophezeihte, dass sie wieder mit Heidelberg tanzen, am Fluss feiern und Lieder singen wird. Die Stadt wird wieder auferstehen. Auch dieser Sturm wird vergehen lautet ihre Botschaft.
Silke Prottung wartet in ihrem Beitrag. Sie ist Illustratorin und Schmuckdesignerin. Für sie wartet die Kunst, sie wurde in eine lange Pause gesandt – eine zu lange Pause, findet Prottung. Neben einem Text hat sie eine Zeichnung entworfen: eine märchenhafte Frau mit Schneckennudel-Frisur sitzt vor einer schlafenden Stadt. Die Märchenfrau hält ihr Kinn in den Händen und, wenn man willl, sieht man sie nasebohrend.
Ramona Ambs ist Autorin und Illustratorin. Für Sie bedeutet Stille Zärtlichkeit. Mit der Zwangspause im Lockdown wurde die Stille laut, viel stärker als alles andere. Ambs fasst zusammen: Die Stimme der Stille wird sehr laut, wenn man ihr zu lange zuhört.
Dr. Caroline von Kretschmann steht einem alteingessenen Hotel in Heidelberg vor. Für Sie wurde der Tourismus ausgezehrt und streckte sich kraftlos am Boden aus. Von Kretschmann berichtet auch von einer positiven Seite des Stillstands: sie beschreibt die Suche der Menschen nach Sinn, Gemeinschaft, Menschlichkeit, Entschleunigung und Natur. Sie schreibt: Es ist etwas tiefes in Bewegung geraten.
Künstler Jochen Steinmetz spendete Lyrik. In dem Gedicht irrt Herr Bargeld durch die kalte, tropfende Nacht. Am Ende spendet Steinmetz Hoffnung mit dem Ausblick, dass, wenn auch alles vergehen mag, Poesie bleibt bestehen.
Bürgermeister Wolfgang Erichson beschreibt einen Arbeitstag im Rathaus und wie er den Weg in Stille nach Hause findet. Die leere Partymeile der Altstadt offenbarte Fassaden und Details, die er zuvor noch nie bemerkte.
Journalistin Kirsten Baumbusch beschreibt ebenfalls positive Facetten des Lockdowns: noch nie sah sie das Grün des Frühlings derart satt und empfand das Gezwitscher der Vögel so intensiv. Das kalte Home-Office mit den Videokonferenzen steht diesem Erleben entgegen. Baumbusch beschreibt die Natur als große Freiheit, die ihr im gesamten Lockdown erhalten bliebt. Sie ist dankbar, dass sie immer rausgehen durfte.
Sebastian Riemer ist Leiter der Stadtredaktion der Rhein-Neckar-Zeitung. Er beschenkte das Buch mit einer Chronik, die nur 2 Wochen umfasst und das rasante Tempo der Ereignisse beschreibt. Die zwei Wochen im März 2020 enden mit einem Paukenschlag.
Elternberaterin und Psychologin Frauke Isenberg verleiht Heidelberg selbst eine Stimme. Die Stadt berichtet von Einsamkeit und spricht aus dem Coronablues.
Künstler Daniel Thouw nutzte den Stillstand zum Reflektieren. Er fragte sich: Was möchte ich verändern? Das „In sich Hineinhören“ barg eine große Chance, die jede Krise offenbart.
Musiker Daniel Gallimore spielte sein erstes Konzert ohne Gäste. Er testete Livestreaming aus dem Café Friedrich. Gallimore beschreibt seine Gefühle: eine Mischung aus komisch, fremd und sich einsam fühlen. Er fühlte sich illegal beim Rausfahren, da zu dieser Zeit Ausgangssperre herrschte und er eigentlich nur mit einem Hund im Schlepptau auf die Straße durfte.
Kommunikationsberaterin und Politikerin Johannah Illgner beschreibt die Leere der Stadt in den Bereichen Kita, Straßen, Fluss, Bahnhof und Cafés. Sie benennt auch die verblassende Erinnerung, die einsetzte, sobald die Inzidenzen wieder runtergingen.
Gastronom Jan Rische beschreibt seine Gedanken, als er das Personal nach Hause schicken musste. Zum ersten Mal betrachtete er seine geschlossenen Fensterläden auf der Terrasse vor dem Hemingways.
Die Zeitungen berichteten
Eine Coachin sagte mir: „Keiner liest die Zeitung, aber alle wollen rein!“ Ich lese Zeitung UND möchte rein. Rolf Kienle verfasste einen Artikel für die RNZ. Michaela Roßner schrieb eine Rezension für den Mannheimer Morgen. Dankeschön!
Erwerb und Preis
Das Buch mit Softcover ist in allen Heidelberg Buchhandlungen zu bestellen. ISBN: 978-3-00-070135-1. Preis: 24,80 Euro.
Förderung der Stadt Heidelberg
Ellen Koban und Katharina Pelka von der Heidelberger Kreativwirtschaft unterstützten die regionalen Künstlerinnen und Künstler mit Beratung und Förderangeboten im Lockdown. Die Stadt spendete einen Druckkkostenzuschuss, damit auch dieses Projekt realisiert werden konnte. Herzlichen Dank!
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